
„Die Digitale Revolution verändert uns vollkommen“, sagt der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar. Die Folgen würden unsere Welt viel umfassender umwälzen, als wir uns das heute vorstellen könnten. „Die Prozesse innerhalb unserer Gesellschaft verändern sich grundlegend.“ Dies sei auch durch die Globalisierung bedingt. „Immer mehr Wettbewerb führt zu fundamentalen Umbrüchen. Deshalb denke ich, dass es für die Gesellschaft wichtig ist, dass jeder von uns die Zukunft mitgestaltet.“
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Jeder soll eine Meinung haben und jeder müsse sagen – ‚damit bin ich einverstanden und das gefällt mir nicht‘. Yogeshwar kennt die Risiken. Aber er sieht auch die großen Chancen der Digitalisierung. „Die Entwicklungen gehen in sehr kurzer Zeit vonstatten und sie passieren weltweit. Vor gut 20 Jahren gab es weder Facebook noch Twitter noch YouTube – heute sind all diese Angebote Teil unseres Alltags. Die Geschwindigkeit ist ein riesiger Vorteil für alle, weil alle Menschen die Zukunft mitgestalten können.“
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Aus seiner Sicht sei es entscheidend, dass „wir nicht über die Risiken der Digitalisierung jammern und nur schauen, was die anderen machen. Es gibt viele tolle, sinnvolle Sachen mit riesigen Chancen. Die werden aber nur dann funktionieren, wenn wir selber aufstehen und uns kümmern.“ Denn die Digitale Revolution habe gerade erst begonnen. Sie werde jeden einzelnen Menschen betreffen und „dessen Situation beeinflussen und womöglich dramatisch verändern.“
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Yogeshwar beschreibt ein Beispiel für diese Digitale Revolution – für ihre Risiken und Chancen: Er berichtet von Nähmaschinen. Die stehen in den Produktionen – etwa in Asien oder Südamerika – allerdings werden sie aus Deutschland gesteuert. Einerseits ist dies eine große Innovation. Andererseits werden die Menschen in den Fabriken über Kontinente hinweg kontrolliert, von dort aus könnten fremde Personen in die Produktionsprozesse eingreifen. „Die Frage der Kontrolle ist sicherlich berechtigt“, unterstreicht Yogeshwar. Allerdings sei aus seiner Sicht der entscheidende Punkt, die neue Technik mit klaren Werten zu kombinieren. „Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass im Moment die Situation einer Näherin beispielsweise in Bangladesh nicht gut ist“, erklärt Yogeshwar. „Die Frage ist also, ob die Technologie rund um diese Nähmaschine die Situation der Arbeiterinnen und Arbeiter verbessert oder nicht.“
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Beispielsweise könnten die Kinder der Arbeiter über das Internet Wikipedia lesen oder Bildungsangebote nutzen. Sie können über das Internet kostenlos den Zugang zu Wissen bekommen. „Das führt – vielleicht – dazu, dass die Produktionsstätten und die Nähmaschinen eines Tages wieder in Bielefeld stehen und deren Software von der Tochter einer der Näherinnen programmiert wird.“ Es sei wichtig und notwendig über die Zukunft zu reden und darüber, wie die Digitalisierung das Leben aller nicht nur verändert, sondern auch verbessert: Diese Chancen gelte es zu nutzen und die Digitale Revolution mit zu gestalten.
Silvia Dicke / veröffentlicht September 2015