
Viele Städte stehen vor dem Verkehrsinfarkt. Mit dem Konzept der „Intermodalität“ wollen die Verantwortlichen den Verkehr steuern und die Staus auflösen. Die Idee ist so alltäglich wie selbstverständlich – kommt ein Autofahrer nicht mehr voran, steigt er auf die U-Bahn um. Kann er sein Ziel in der U-Bahn nicht erreichen, muss er vielleicht ein Stück mit dem Bus fahren oder zu Fuß gehen. Neu ist, dass der Verkehr und seine Teilnehmer über ihre Smartphones gesteuert werden sollen. Das Berliner Startup Door2Door bietet mit dem Produkt Ally eine Grundlage für Intermodalität. Wir fragten Tom Kirschbaum, den Gründer und Geschäftsführer, wie wir uns uns ein Startup vorstellen können…
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„Wir sind seit etwa dreieinhalb Jahren auf dem Markt und finanzieren uns über Risikokapital“, sagt Tom Kirschbaum. Inzwischen arbeiten hier in Berlin rund 30 Leute – 15 davon sind Softwareingenieure. Die Mitarbeiter seien aus 20 verschiedenen Ländern nach Berlin gekommen – zum Beispiel aus Spanien, Mexiko, Brasilien oder Rumänien. „Das Kernprodukt ist eine Cloud – wir nennen sie ‚City Cloud‘ – in der wir Informationen und Daten über Verkehrsangebote sammeln, auswerten und Routen berechnen.“ Ein Beispiel sei der Kunde Lufthansa. Das Unternehmen zeige seinen Fluggästen den besten Weg vom Hotel zum Flughafen und dort auf den Flugsteig und nutzt für diesen Service Ally-Technologie.
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„Die Autohersteller wollen immer mehr Mobilität anbieten – deshalb ist unser Angebot und auch das Ziel unseres Unternehmens die Verkehrssteuerung“, unterstreicht Kirschbaum. „Unsere Cloud schlägt Routen vor, sie zeigt wann und wo ein Fahrer umsteigen sollte, wo er sein Auto stehen lassen kann, in welche Bahn er wechseln muss. Das ist unsere Idee von Intermodalität, die wir mit der Automobilindustrie diskutieren.“ Allerdings gebe es in vielen Städten keine Fahrpläne, der öffentliche Nahverkehr sei häufig in keinster Weise digital abgebildet. „Deshalb haben wir zum Beispiel in Istanbul in einem Crowd-Sourcing-Projekt die Routen der Minibusse herausgefunden und digitalisiert“, so Kirschbaum. Dagegen sei Intermodalität in einer deutschen Großstadt eine relativ einfache Aufgabe. „Aber Intermodalität in einer Stadt mit fünfzehn oder zwanzig Millionen Einwohnern ist harte Arbeit, die auf der Straße beginnt.“
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Kirschbaum erläutert, dass die „Monetarisierung“ des Angebotes darin bestehe, dass Door2Door für die Kunden entweder eine Datenauswertung anbiete und fertige Routen auf ein Device oder in ein Fahrzeug schicke. „Oder unsere Kunden erhalten eine Schnittstelle zu unserer Cloud und können dort direkt Daten beziehen“, sagt Kirschbaum. „Grundsätzlich ist es unser Angebot, die Intelligenz aus unserer Cloud mit den Devices – oder eben den Fahrzeugen – zu verknüpfen.“ Dafür bietet sein Startup die Technologien aus der Cloud als Ressourcen an, andere Unternehmen könnten sie nutzen oder vermarkten. „Und auf den Endgeräten der Autofahrer taucht unser Name womöglich gar nicht auf.“
Christian Raum / Veröffentlicht in CAR IT Ausgabe 1/2015