
Das Verkehrministerium möchte bis Ende des Monats einen Gesetzentwurf für selbstfahrende und selbststeuernde Autos vorlegen. Ein wichtiger Punkt dabei ist die „Black Box“, die die gesamte Fahrt und sämtliche Aktionen und Reaktionen des Fahrers aufzeichnet. Die Auswertung dieser „Black Box“ soll nach einem Unfall die Schuldfrage klären und feststellen, ob ein Fahrer oder ein Fahrzeug an dem Unfall die Verantwortung trägt. „Black Box“ klingt so, als würden die Daten in einer verschlossenen Kiste brand- und absturzsicher verschlossen sein und nach einem Unfall „Ping“-Geräusche senden. Aber diese Vorstellung ist sicher Quatsch. Denn es gibt die „Black Box“ im Straßenverkehr schon sehr lange…. diesen Text habe ich im Jahr 2012 für ‚CAR IT‘ geschrieben. Die „Black Box“ ist eine – oder mehrere – App/s im Rechenzentrum des Autoherstellers. Sie dient vor allem dafür, den Fahrer zu überwachen, das Fahrzeug zu schonen und die Versicherungsprämien neu zu berechnen.
Weil der Text alt ist, habe ich den Namen der Spedition gestrichen. Wenn der Name interessant sein sollte – im Archiv der CAR IT ist er im Heft 3/2012 zu finden. „Connected Car“ hieß damals noch „Telematik“ :-), hier geht’s los…
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Die drei Kernaufgaben von Speditionen sind Ladung transportieren, die Fahrzeuge instandhalten und mit den Fahrern zu arbeiten und zu kommunizieren. Und genau an diesen drei Punkten orientieren sich die Anbieter von Fahrzeug Telematik Diensten. Doch sie nehmen lediglich Daten vom LKW entgegen, strukturieren sie und transportieren diese Informationen weiter zum Kunden. Für den Erfolg einer Installation ist entscheidend, wie die Anwender diese Informationen auswerten und verarbeiten.
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„Unser ursprüngliches Ziel, das wir mit einer Telematik-Anwendung realisieren wollten, war das Auftragsmanagement. Dann hat unser Anbieter das Angebot um ein Ortungssystem erweitert und wir haben uns über den weiteren Ausbau Gedanken gemacht. Wir haben erkannt, dass unser Anbieter die weitestgehenden Möglichkeiten bietet, um die technischen Daten der Fahrzeuge und die Daten über das Fahrverhalten der Fahrer zu ermitteln. Wir haben beschlossen, diese Daten sowohl für die Schulung der Fahrer, wie auch zur Weiterentwicklung der Fahrzeuge zu nutzen“, sagt Andreas B**, Assistent der Geschäftsführung bei der B** Gruppe.
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Die B** Gruppe bietet Holzhandel und Holzlogistik mit einem eigenen Fuhrpark aus rund 80 LKWs. „Die Logistik ist ein Kernbestandteil unseres Geschäftskonzeptes“, unterstricht B**. „Und es ist in unserem Unternehmen ein strategischer Ansatz mit Telematik zu arbeiten.“ Laut B** generiere das Unternehmen den höchsten Mehrwert im Bereich der Fahrerschulung. Hier hätten sich einige wirtschaftliche Vorteile ergeben:
- Verschleiß und Treibstoffverbrauch hätten sich signifikant reduziert. Zusätzlich könnten die Verantwortlichen in Tests verschiedene Fahrzeug- und Getriebekonfigurationen schneller bewerten als früher.
- Die Schadens- und Unfall-Häufigkeit habe sich merklich reduziert. Dank der Fahrweise der Fahrer spare die B** Gruppe hohe Versicherungssummen.
- Für das Management habe sich das Verständnis dafür verbessert, was sich auf der Straße abspielt. Das Unternehmen könne sich viel besser auf die individuellen Umstände jedes Fahrers, seines Fahrzeugs und seines Einzugsgebietes einstellen.
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„Alleine aus den Einsparungen bei der Versicherung hat sich die komplette Investition gerechnet“, ist B** überzeugt. „Wir erzielten den Return innerhalb von einem Jahr – und das alleine aus den eingesparten Versicherungskosten. In dieser Rechnung haben wir die reduzierten Treibstoffkosten und die bessere Ausbildung unserer Fahrer noch nicht einmal berücksichtigt.“
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Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Telematik-Anwendung sind hoch strukturierte Datensätze, die bis auf die Minute aktuell sind. Die Anbieter geben damit ihren Kunden eine detaillierte Übersicht über entscheidende Parameter ihrer Fahrzeugflotten – beispielsweise Zustand der Maschinen, Standorte, Kosten für Treibstoff und Ersatzteile, Termintreue. Zusätzlich schicken sie einen stetigen Datenstrom über die Fahrer und deren Fahrweise. Damit erhalten die Manager der Fahrzeugflotten eine grundlegende Datenbasis, auf der sie Organisation, Schulungen, Geschäftsmodelle und zusätzliche Dienstleistungen aufbauen.
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„Die Verantwortlichen sollten die generierten Daten intensiv nutzen, das ist aus meiner Sicht für den Erfolg des Telematik-Einsatzes entscheidend“, betont B**. „System und Daten müssen in die laufenden Prozesse integriert werden. Und sowohl die Geschäftsleitung wie auch die Controller und Fahrer müssen sie richtig nutzen. Wenn man die Leistungsdaten auswertet, kann man einen sehr schnellen Return der Investitionen erzielen.“ Mit Telematik sind die OEMs der Automobilbranche als Player in der Informationstechnologie angekommen. Gleichgültig, ob sie wie Daimler Fleetboard einen Service anbieten, den sie mit Unterstützung von IT-Experten – in diesem Fall IBM – in einem eigenen Rechenzentrum betreiben. Oder wie Schmitz Cargobull Telematics als Wiederverkäufer eines Telematik-Services – nämlich der T-Systems – am Markt auftreten.
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Entscheidende Faktoren für den Erfolg sind Datenformate, Schnittstellen und Prozesse, mit denen möglichst viele IT-Systeme im Haus der Kunden arbeiten können. So habe Fleetboard eine Schnittstelle, die es ermöglicht, das Telematik-System an die unterschiedlichsten Anwendungen wie beispielsweise SAP anzudocken, erläutert Dr. Ralf Forcher Geschäftsführer Daimler Fleetboard. „Es gibt unterschiedlichste Geschäftsvorteile. Speditionen können ihren gesamten Auftragsfluss beschleunigen, wenn sie in der Lage sind, Aufträge schneller zu verteilen und diese Aufträge schneller zur Abrechnung zu bringen. Eine zweite Zielsetzung könnte sein, dass sie mit Hilfe der Daten die Abrechnung der Löhne besser, genauer, gerechter vornehmen oder die Spesenabrechnung verbessern.“
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Hierzu habe Daimler Fleetboard eine eigene Truppe im Haus, die vor allem bei größeren Projekten hilft, die Prozesse zu erfassen und die Telematik-Daten auf die Systeme der Kunden abzustimmen. „Häufig haben die Kunden ihre Prozesse nicht im Detail beschrieben. Mit unserer Hilfe bekommen sie die nötige Transparenz in ihre Prozesse. Das ist die Voraussetzung, dass sie Telematik für die Transportprozesse einsetzen können. Das System soll ja möglichst die bestehenden Prozesse digital abbilden“, sagt Forcher. Auf der LKW IAA wird Daimler Fleetboard seine Telematik-Dienstleistungen zeigen.
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Das kleine Gerät im Cockpit eines LKWs, Busses oder Transporters schickt stetig Daten über die Rechenzentren in die IT-Systeme der Speditionen. Hier füttern sie die Geschäftsprozesse und laufen durch das gesamte Unternehmen – und machen selbst vor den Hosentaschen der Manager nicht Halt. MAN zeigt auf der LKW IAA eine App für iPhone und iPad, die das Unternehmen „Telematik für die Hosentasche“ nennt. „Die App gibt einen schnellen Überblick über die Fahrzeugflotte und zeigt Reports mit den wichtigsten Parametern auf. Darüber hinaus erhält der Fuhrpark-Unternehmer Informationen über die Restlenkzeit der eingesetzten Fahrer und kann somit weitere Touren und Einsätze auch mobil planen“, erläutert ein Unternehmenssprecher.
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Dagegen hat T-Systems ein Konzept, mit dem die Speditionen ihre Dienstleistungen erweitern können, indem sie die erstellten Telematik-Daten nahtlos und automatisiert wiederum ihren Kunden zur weiteren Verarbeitung in deren IT-Systemen zur Verfügung stellen. „Ein Beispiel sind Kühltransporte – unser Telematik-System überwacht den Transport und sammelt die Daten. Wenn der LKW auf dem Hof des Zieles ankommt, erstellen die Telematik-Systeme einen Kühlreport und stellen sie dem Adressaten zu. Damit kann der Kunde die lückenlose Kühlkette nachweisen“, sagt Heiko Boch, Projektverantwortlicher für TelematicOne bei T-Systems. Und bei dem Thema Reports, die die Telematik-Systeme im Auftrag der Kunden erstellen, denken die Experten der T-Systems bereits weiter. „Ein weiteres Thema, das immer relevanter wird, ist ‚Pollution Control‘“, betont Boch. „Das soll heißen – die Antwort auf die Frage, was verbraucht ein Transport oder ein einzelner Transportauftrag und wie viel CO2-Emissionen stehen dahinter?“ Heute könnten die Unternehmen das nur ganz grob abschätzen, beispielsweise über standardisierte Rahmenparameter. „Aber sie können es detailliert aufnehmen, wenn sie wissen, wo der LKW unterwegs war, was er geladen hatte und wie er gefahren ist.“ Im Zusammenhang mit dem Zertifizierungshandel wäre die Frage nicht, ob diese Anforderungen kommen, sondern nur wann es so weit ist.
Christian Raum / veröffentlicht in „CAR IT“, 2012