Mittagspause an der Torstraße – ein Blick genügt. Bei den Startups arbeiten junge, gut ausgebildete Männer die aus der ganzen Welt nach Berlin kommen. Sie sind sehr gut vernetzt und – Überraschung! – fühlen sich schlecht bezahlt.
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Es mutet fast wie eine kleine Völkerwanderung von hochqualifizierten IT-Experten an, die um den Globus ziehen. Viele folgen dem Ruf des Geldes der Startup-Investoren. Andere suchen die neuesten Technologien oder vertrauen auf das Versprechen mit Internet-Technologien die Welt von Grund auf neu zu organisieren. Die wichtigsten Stationen dieser Hightech-Karawane sind London, Berlin, Silicon Valley. An jedem dieser Orte liegt der Anteil der ausländischen Beschäftigten bei Startups höher als 45 Prozent.
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Doch ähnlich wie beim Goldrausch ist auch beim Startup-Rausch die Hoffnung auf gute Löhne, Reichtum oder Mitarbeit an einem wirtschaftlichen Wandel mit dem Risiko des Scheiterns verbunden. Denn wenn Geschäftsmodelle nicht funktionieren, wenn sich die Technologien als unbrauchbar herausstellen oder einfach nur das Management eines Unternehmens unfähig ist, verschwinden Startups über Nacht.
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Wie die Arbeit und wie die Karrierechancen in den Startups tatsächlich aussehen ist unklar. Zwei Studien, die in diesem Jahr erschienen sind, zeigen aus ihrer Arbeitgeber- beziehungsweise Arbeitnehmer-Perspektive ein sehr unterschiedliches Bild.
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Tatsächlich ist eines der größten Geschäftsrisiken für Startups der Mangel an Mitarbeitern. Der IT-Branchenverband BITKOM hat 143 Gründer von IT- und Internet-Startups befragt. Zwei Drittel hatten angegeben auf der Suche nach Mitarbeitern zu sein – durchschnittlich waren pro Unternehmen fünf Stellen zu besetzen. „Startups wachsen häufig sehr schnell und benötigen dann in kurzer Zeit besonders viele qualifizierte und motivierte Mitarbeiter. Dabei hat sich die Vermittlung über persönliche Kontakte bewährt“, sagt Bitkom-Geschäftsführer Niklas Veltkamp. „Wer in einem Startup anfangen möchte, sollte daher die Netzwerke im Internet sowie offline einspannen.“
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Die Betonung liegt offenbar auf „Mitarbeiter“. Arbeitnehmer sehen die Arbeitsverhältnisse innerhalb einer Branche traditionell etwas kritischer als die Lobby der Arbeitgeber. Der Branchendienst BerlinStartupJobs hat gemeinsam mit der Hochschule Aalen und dem Portal Jobspotting eine Gehaltsumfrage bei Hightech-Unternehmen durchgeführt.
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Ein Ergebnis war, dass es für Frauen in der Hightech Branche deutlich schlechtere Karrierechancen gibt. Und diese wenigen Frauen seien laut Studie auch noch deutlich schlechter bezahlt – die Lohnkluft sei mit 25 Prozent deutlich größer als bei Durchschnittsfirmen der „Old Economy“ innerhalb der EU.
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Während die Startup-Gründer scheinbar händeringend nach neuen Mitarbeitern suchen, sind viele ihrer Mitarbeiter mit ihren Jobs unzufrieden. „Befragte gaben an, dass sie mit ihrer aktuellen Position äußerst unzufrieden sind“, sagen die Autoren der Studie. „Die Mehrheit der Befragten fühlt sich unterbezahlt.“
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Nicht wenig überraschend seien Frauen deutlich unzufriedener als Männer.
Christian Raum / Veröffentlicht in Automotive IT 11/2016