MAN: Mobilitätsplattform für die Logistikbranche

(Quelle MAN)
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Big Data verändert die Welt – unter den zehn teuersten Unternehmen des Jahres 2016 sind fünf, deren Kernkompetenz im Datensammeln, Datenstrukturieren und Datenaufbereiten liegt. Im jeweiligen Kern der Unternehmen Apple, Alphabet, Microsoft, Amazon und Facebook arbeitet eine Big-Data-Engine, die Daten in Wissen transferiert – und dieses Wissen zu Geld macht. Diese Konzerne haben die Automobilindustrie weit hinter sich gelassen. Doch ab dem ersten Quartal des Jahres 2017 wird Volkswagen versuchen, den Anschluss wiederherzustellen. Hierfür entwickelte MAN mit einem „mittleren dreistelligen Millionenbetrag“ die Mobilitätsplattform „RIO“ für die Logistikbranche.

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RIO ist als Marktplatz für Serviceleistungen rundum die Logistik konzipiert. Die Anwender erhalten online Leistungen wie Flottenmanagement, Werkstatttermine, Fahrzeugauslastung, Diebstahlschutz. Im Inneren RIOs gibt eine Big-Data-Software den Takt vor. Sie verarbeitet die gesammelten Daten, strukturiert sie neu und stößt Geschäftsprozesse an. Bisher boten die OEMs die Leistungen nur als Service über geschlossene Plattformen wie beispielsweise Daimler Fleetboard an. Mit der offenen Mobilitätsplattform startet MAN in diesem Quartal die Disruption in der Logistikbranche.

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Entsprechend hoch sind die Erwartungen beim Hersteller. Laut Andreas Reschler, CEO von Volkswagen Truck & Bus werde RIO „die Transportwelt grundlegend verändern. Erstmals ermöglichen wir die Erfassung, Verwaltung und integrierte Nutzung aller im Transportwesen verfügbaren Daten und Informationen auf einer einheitlichen Plattform.“ Das Marktforschungsinstitutes McKinsey Global Institut hatte im Jahr 2011 die fünf wichtigsten Bereiche für Big-Data-Anwendungen definiert und sie in der Update-Studie 2016 noch einmal untersucht. Es sind:

  • Lokalisierungsdaten aus GPS-Systemen – sogenannte „Geospatial Data“
  • Einzelhandel
  • Produktionsindustrie
  • Öffentliche Sektor
  • Gesundheitswesen

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Das Fundament für ein Mobilitätsportal wie RIO sind immer die Geospatial Data – und deren Auswertung. Darüber hinaus hat eine Logistikplattform den Vorteil alle fünf genannten Bereiche zu verbinden: Einzelhandel, Produktion, staatliche Leistungen und auch ein funktionierendes Gesundheitswesen sind ohne Logistik nicht möglich. Mit der Auswertung und Verknüpfung der Daten aus den GPS-Systemen von Fahrzeugen, Fahrern, Anhängern oder Gütern können die Big-Data-Anwendungen Prozesse straffen, Lieferketten verbessern und Prozesskosten reduzieren.

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(Quelle MAN)
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„Ich bin überzeugt, dass die Komplexität der Logistikbranche kein Technologieunternehmen allein meistern kann. Deshalb suchen wir den Kontakt zu möglichst vielen Partnern mit derselben Zielsetzung: die globale Transportkette zu verbessern und damit Kosten und Emissionen zu reduzieren“, sagt Markus Lipinsky. Lipinsky ist als Leiter des Bereichs Digital Solutions bei MAN für RIO verantwortlich. Denn das ist das Wesen einer Mobilitätsplattform und ihr Alleinstellungsmerkmal im Wettbewerb mit den Service-Plattformen oder Logistiksystemen anderer Hersteller. Die Einstiegsmöglichkeiten für Kunden wie auch für Software-Partner sollen möglichst niedrig sein. Im Zentrum der Anwendung stehen die Lokalisierungsdaten. Die Big-Data-Hersteller bauen vier verschiedene Klassen von Applikationen auf diese Fundamente auf.

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Für Speditionen, für Nutzer von Plattformen sowie Software-Partner bietet sich die Gelegenheit mit Anwendungen und Apps an die Mobilitätsplattform anzudocken und ihre Daten auswerten zu lassen. Sie sollten sich überlegen welche Analysen und Geschäftsprozesse für sie grundsätzlich von Interesse sind.

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(Quelle MAN)
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Hierfür gibt es vier Modelle:

  • „Virtualization und Mapping“

Das sind die bekanntesten Anwendungen der Mobilitätsplattformen und der offensichtliche Weg, die Lokalisierungsdaten zu bearbeiten. Die Anwendungen übertragen die Daten auf die digitalen Karten und stellen Informationen als Grafiken oder Charts dar. Neben der bekannten Funktion wie „welches Fahrzeug ist wo unterwegs“, können die Anwendungen Auswertungen über den Wert der transportierten Güter erstellen – etwa um die Pünktlichkeit von Lieferungen anhand der vorgeschlagenen oder gefahrenen Routen zu vergleichen.

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  • „Clustering“

Laut Waldo Tobler, Geographie-Professor im kalifornischen Santa Barbara und dessen „Ersten Gesetz der Geographie“ sei alles mit allem verbunden – „allerdings sind Dinge, die geographisch näher aneinander liegen, auch enger miteinander verbunden“. Werden Daten also nach ihrer geographischen Nähe geclustert und analysiert, ergeben sich daraus Anwendungen wie Trucksharing, Stauwarnungen, oder die Möglichkeit, Ladungen und Fahrten ökonomisch zu organisieren.

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  • „Association Rules Mining“

Eine dritte Möglichkeit ist es, Datensätze aus unterschiedlichsten Datensilos entlang der Prozesse zu verbinden. Auf Basis der GPS-Daten zeigen sie, wie eine Reihe von Handlungen zu einem bestimmten Ergebnis führen. Daraus leiten die Datenexperten Regeln ab, die sie wiederum in Software umsetzen. Anwendungen für eine Mobilitätsplattform könnten die Berechnung von Versicherungsprämien sein, der unterschiedliche Fahrzeugverschleiß auf verschiedenen Fahrstrecken oder auch Applikationen rund um den Diebstahlschutz.

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  • „Classification“

Auf Grund eines bestimmten Daten-Inputs wird ein mögliches Ergebnis vorausgesagt. Die Datenspezialisten erkennen die Gesetzmäßigkeiten – auf diesen Regeln erstellen Programmierer die Algorithmen für die Klassifizierung der Daten. Dann füttern sie die Algorithmen mit Daten und „trainieren“ sie. Ziel ist es, das die Anwendungen selbstständig die Resultate verschiedener Eingaben – etwa über Sensoren – berechnen, Probleme erkennen und die Lösung für diese Probleme vorschlagen. Auch hier können die Sicherheit der Fahrer, ihrer Fahrzeuge und der Ladung sowie die Berechnung der besten Strecke im Vordergrund stehen. Aber die Classification-Anwendungen erkennen auch Angriffe von Hackern auf die Plattform und wehren sie ab.

Christian Raum / Veröffentlicht im Magazin Automotive IT 1/2017

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